Logo Kanton Bern / Canton de BerneZivil- und Strafgerichtsbarkeit

Haft und andere Zwangsmassnahmen

Im Zentrum des Strafverfahrens steht die Ermittlung der Wahrheit mit Hilfe von Beweismitteln. Dazu können Zwangsmassnahmen angeordnet werden.

Die Ermittlung der Wahrheit kann durch das Verhalten der beschuldigten Person oder von Dritten beeinträchtigt oder vereitelt werden. Zwangsmassnahmen sind Mittel der Strafbehörden, um die Erhebung von Beweisen und die Vollstreckung von Strafurteilen zu sichern.

Zu den Zwangsmassnahmen gehören unter anderem Hausdurchsuchungen, Telefonüberwachungen und verdeckte Ermittlungen. Die einschneidendste Zwangsmassnahme ist die Freiheitsentziehung durch Haft.

Besonders einschneidende Zwangsmassnahmen muss das Zwangsmassnahmengericht prüfen.

Untersuchungs- und Sicherheitshaft

Die Haft beginnt mit der Anordnung durch das Zwangsmassnahmengericht und endet mit der Entlassung aus der Haft oder mit dem vorzeitigen Antritt einer freiheitsentziehenden Sanktion. Bis zur Anklageerhebung beim erstinstanzlichen Gericht heisst sie Untersuchungshaft, danach Sicherheitshaft.

Haftgründe

Grundvoraussetzung für Untersuchungs- und Sicherheitshaft ist, dass eine beschuldigte Person dringend eines Verbrechens oder eines Vergehens verdächtigt wird. Zusätzlich zu diesem allgemeinen Haftgrund muss ernsthaft zu befürchten sein, dass die beschuldigte Person

  • sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht (Fluchtgefahr),
  • andere Personen beeinflusst oder auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen (Verdunkelungs-/Kollusionsgefahr) oder
  • durch Verbrechen oder schwere Vergehen die Sicherheit anderer erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat (Wiederholungsgefahr).

Wird die beschuldigte Person dringend verdächtig, durch ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer Person schwer beeinträchtigt zu haben, ist Haft ausnahmsweise zulässig, wenn die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, die beschuldigte Person werde ein gleichartiges, schweres Verbrechen verüben (qualifizierte Wiederholungsgefahr).

Haft ist zudem zulässig, wenn ernsthaft zu befürchten ist, eine Person werde ihre Drohung wahrmachen, ein schweres Verbrechen auszuführen (Ausführungsgefahr).

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